Strafe im Zug - unfreiwilliges Schwarzfahren

[Matthias]

Hallo liebe Gemeinde,

ich habe ein Problem. Ich wurde im Zug des Schwarzfahrens bezichtigt und soll nun 80! Euro zahlen. Aber hier die Geschichte:

Ich bin Student und war über das Wochenende in Helsinki. Da ich spät dran war konnte ich kein Ticket mehr am Schalter kaufen und bin deswegen gleich in den Zug gesprungen, mit dem Gedanken das Ticket dann direkt beim Schaffner zu kaufen (so hatte ich das auch bei der Hinfahrt gemacht - war kein Problem). Der Schaffner kam zunächst nicht, nur eine Bedienstete von VR rannte auffällig oft durch den Wagon, fragte aber nicht nach Tickets (keinen!). Nach etwa 20 Minuten kam dann die "Train police" (also nicht direkt Bedienstete von VR, sondern Kontrolleure) und fragten jeden nach Tickets. Als wir sagten, dass wir noch auf dem Schaffner warteten, sagten die grandios unfreundlichen Kontrolleure, dass wir:
1. in einem Wagon sitzen indem prinzipiell kein Ticket-Verkauf stattfindet, und:
2. dass eine Bedienstete bereits drei mal durch den Wagon gelaufen ist und das es unsere Aufgabe sei, sieh auf unsere Situation aufmerksam zu machen.

Dann nahmen sie meinen finnischen Studentenausweis den ich in der Hand hielt (nicht Pass oder Personalausweis) und füllten einen Überweisungsträger aus. Ich musste auch nichts unterschreiben. Nur einer der Bediensteten telefonierte mit jemand und buchstabierte ein paar mal meinen Namen.

Ich Anschluss musste ich beim Schaffner (der kam nach 20 Minuten) noch das reguläre Ticket kaufen.

Ich habe dann realisiert, dass wirklich überall im Wagon (auch auf Englsich) geschrieben steht dass dies kein Wagon ist, indem man Tickets kaufen kann - aber die Schilder und Hinweise hatte ich in der Hektik vorher nicht bemerkt. Nun schützt bekanntlich Unwissen vor Strafe nicht, aber was ist eure Meinung? Ich bin in Finnland nicht registriert (obwohl ich das sollte, halte mich nämlich länger als 3 Monate in Finnland auf ) - wie bekommen die meine Adresse raus? (bin auch nicht bei der Post gemeldet - nur an der Uni und beim Nahverkehr).

Wollten die nur ein Exempel statuieren, also in der Art "Wir behandeln jeden gleich, einen Ausländerbonus gibts nicht.."
Die 80 Euro sind bei meinem Budget sehr sehr viel Geld - und es war ersichtlich, dass mein Verhalten nicht vorsätzlich war, sondern das ich vorhatte ganz normal ein Ticket beim Schaffner zu kaufen. Wie würdet Ihr euch verhalten?
Besten Dank, Matthias!

achso, falls jemand gut in Finnisch ist - dies steht auf der Rückseite des Überweisungsträgers, wäre grandios wenn das jemand übersetzen könnte:

Makustaja, jolle on määrätty tarkastusmaksu, saa vaatia tarkastajan päätökseen kirjallisesti oikaisua. Oikaisuvaatimuksessa on mainittava:
1) oikasuvaatimuksen tekijän ja kirjelmän laatijan nimi ja asuinkunta (tarvittaessa kirjelmän laatijan valtakirja oikaisuvaatimuksen liitteeksi)
2) postiosoite ja puhelinnumero, johon asiaa koskevat ilmoitukset voidaan toimittaa
3) päätös, johon haetaan muutosta (tarkastusmaksumääräyslomake tai sen jäljennös oikaisuvaatimuksen liitteeksi)
4) mitä muutosta tarkastajan päätökseen vaaditaan
5) perusteet, joilla muutosta vaaditaan (mahdolliset asiakirjat oikaisuvaatimuksen liitteeksi)

Vielen Dank!

[Peter]

Im Grunde ist die finnische Regelung nicht anders als die deutsche. bei uns zahlt man beim Lösen einer Bahnkarte im Zug einen Aufpreis von 10%, mindestens aber 2,-€ und maximal 10,-€. Diese Regelung gilt allerdings nur in Zügen, in denen das möglich ist (in der Regel z.B. nicht in den Regionalzügen). Außerdem muss ich mich unmittelbar nach dem Einsteigen auf die Suche nach dem Zugbegleitpersonal machen, um eine Bahnkarte zu lösen. Warte ich, bis mich der Schaffner nach meiner Bahnkarte anspricht, gelte ich als Schwarzfahrer!

Fazit: Die finnische Eisenbahn hält es da nicht anders als die Deutsche Bahn. Da wirst du wohl oder übel zahlen müssen. Noch etwas: Buß- und Ordnungsgelder können in einem rel. neuen Verfahren innerhalb der EU grenzüberschreitend eingezogen und auch eingeklagt werden. Du erhälst dann einen entsprechenden Bescheid von deiner Heimatgemeinde mit einem saftigen Aufpreis für zusätzliche Bearbeitungskosten der finnischen und deutschen Behörden. Und über deinen Studentenausweis dürfte es doch für die Behörden leicht sein, dich zu erreichen.

Ich selbst staunte nach einem Korsikaurlaub nicht schlecht, als ich zwei Monate später von dort über die Gemeinde einen Bußgeldbescheid über 112,-€ erhielt, weil ich in den Bergen an einer Passstrasse parkte, um in einem Gebirgsbach zu baden (was da viele machten). Ein befreundeter Rechtsanwalt riet mir dringend zur Zahlung des Bußgeldes. Die ausländischen Behörden würden bei Widersprüchen zwar oft auf eine weitere Verfolgung der Sache verzichten. Dafür flattere dann nicht selten ein Schreiben mit einem Einreiseverbot ins Haus. Ich stelle mir das gerade in deinem Fall vor. Da kommen zwei freundliche Polizisten in die Vorlesung und nehmen dich in Abschiebehaft…

[Finnland-Elch]

Ich bin in Finnland nicht registriert (obwohl ich das sollte, halte mich nämlich länger als 3 Monate in Finnland auf ) - wie bekommen die meine Adresse raus? (bin auch nicht bei der Post gemeldet - nur an der Uni und beim Nahverkehr).



!

bitte merken : in Finnland bist Du der gläserne Mensch, dahin wollen wir in Deutschland erst noch kommen,
viele Grüße auch noch an Innenminister Schäuble.

[sunny1011]

Finnland-Elch hat recht, hier bist Du gläserner Mensch und es kann sogar verwendet werden, um Dich auszuweisen *ironieoff*

Ich kenn das, weil ich selbst nur in der Bahn die Tickets kaufe. Draussen steht Lippumyynti und Biljetdingsbums, nicht sehr aussagekräftig für einen Ausländer. An der Station steht es wohl, wo ungefähr dieser Abteil stoppt (stimmt nie und man muss hinterher laufen). Dann auch auf Englisch.

Was ich sehr gut nachvollziehen kann: nein, es ist fast nicht anders als in Deutschland, aber zu oft gibt es Schaffner, die vorbeitrampeln und den Boden anstarren . Da muss man als Kaufwilliger schon sehr auf sich aufmerksam machen. Zumindest im Crowd in Helsinki.

[Lukutoukka]

Gibt es keine Informationstelle der Bahn an die man sich wenden kann, bzw. Einspruch gegen das Knöllchen erheben kann?

[karhu]

Draussen steht Lippumyynti und Biljetdingsbums, nicht sehr aussagekräftig für einen Ausländer.

... mit den jeweiligen Icons versehen. Was ein durchgestrichenes Ticket bedeutet sollte wohl jeder verstehen ?! Und diese sind ebenfalls in den Abteilen angebracht, so dass man mit "sich rausreden" nicht weit kommt ...

[sunny1011]

Ach, stimmt. Aber eine vergleichbare Einrichtung gibt es in D nicht, oder fahre ich ja so selten ? Dort muss man im Zweifelsfall sofort nach dem Schaffner suchen. Da kommt keiner mit Bauchladen vorbei, oder?

Wenn es um Zeichen geht. Meine Freundin sagte in Köln, sie hätte nie gewusst was das Kreuz über den Sitzen (für Behinderte & co) bedeutet. Wir falllen unter den Tisch wenn wir die finnische Zeichen sehen.

übrigens, Ticket per SMS (wohl aber nur mit finn. Handy) klappt prima - für Helsinki Text "A1" in einer SMS an die nummer 16355 senden.

[Tenhola]

@Matthias ob Du nun im Zug eine Fahrkarte kaufen wolltest oder nicht ist Deine Sache. Wie ich aber so lese, weisst Du eigentlich ganz genau was Du tun solltest, denn Du weisst ja auch, dass Du Dich hier eigentlich anmelden musst. Du bist nun also nicht nur als Schwarzfahrer registriert, sondern vermutlich auch noch ein illegaler Ausländer.

[Sapmi]

Außerdem muss ich mich unmittelbar nach dem Einsteigen auf die Suche nach dem Zugbegleitpersonal machen, um eine Bahnkarte zu lösen. Warte ich, bis mich der Schaffner nach meiner Bahnkarte anspricht, gelte ich als Schwarzfahrer!

Sehe ich auch so. Spätestens die Bedienstete hättest Du fragen müssen, d.h. die erste Bahn-Person, die Dir über den Weg läuft.

Draussen steht Lippumyynti und Biljetdingsbums, nicht sehr aussagekräftig für einen Ausländer.

... mit den jeweiligen Icons versehen. Was ein durchgestrichenes Ticket bedeutet sollte wohl jeder verstehen ?! Und diese sind ebenfalls in den Abteilen angebracht, so dass man mit "sich rausreden" nicht weit kommt ...

Eben. Gerade wenn man in einem fremden Land unterwegs ist, muss man sich halt irgendwo informieren, wie's läuft, wenn man die Landessprache(n) nicht versteht.

Nun, wenn's auf der Hinfahrt auch möglich war, das Ticket im Zug direkt zu kaufen, war das vielleicht eine andere Art von Zug?
Wie gesagt, zu lange warten ist da immer schlecht. Und wenn die Bedienstete da nicht rumgerannt wäre, d.h. wenn man die ganze Zeit gar kein Personal antrifft, fragt man halt am besten die anderen Passagiere. Das hätte in dem Fall vielleicht auch noch helfen können, also wenn jemand anderes aus dem Abteil dem Schaffner bestätigt hätte, dass Du schon aktiv danach gefragt hättest, wo Du das Ticket bezahlen kannst.

So wirst Du wohl oder übel das Geld bezahlen müssen, sozusagen als "Lehrgeld". Wenn Dir dadurch nicht gerade ein Eintrag im Vorstrafenregister droht , ist ein Einspruch wohl auch zwecklos.

[Tuisku]

Ich habe zwei Jahre bei den Schweizerischen Bundesbahnen in der Abteilung gearbeitet, die für das Inkasso bei "Schwarzfahrer" zuständig ist. Du wirst es vielleicht nicht gerne hören Matthias, aber um die Bezahlung des Bussgeldes von 80 Euro wärst du bei mir nicht herumgekommen. Dass du gewillt warst einen Fahrausweis zu kaufen glaube ich dir, aber dies wird dir trotzdem nichts nützen, denn dies geben 99% der erwischten Schwarzfahrer an. Als Reisender bist du verpflichtet, dich VOR Fahrtantritt um einen gültigen Fahrschein zu kümmern. Dass du spät dran warst, ist ja wohl kaum ein Bahnfehler. Also entweder rechtzeitig am Bahnhof sein, oder den nächsten Zug nehmen.
In deinem Fall wäre es ja sogar möglich gewesen im Zug eine Fahrkarte zu lösen. Da liegt es ganz klar an dir, einen Schaffner aufzusuchen und ihn um eine Fahrkarte zu bitten. In deinem Fall hätte ich also zuerst einen Schaffner gesucht und erst dann einen Sitzplatz. So liegt nämlich der Verdacht auf der Hand, dass du es versuchen wolltest ohne Ticket zu fahren.

Eine Einsprache beim Kundendienst wird also mit grosser Wahrscheinlichkeit nichts nützen. Was bei der SBB allerdings immer möglich war, eine Abzahlung in Raten.

[sunny1011]

Und noch zum Thema Usability (also Benutzerfreundlichkeit) und fremde Sprachen (besonders, die die <0,005% der Weltbevölkerung sprechen). Bin am Freitag mit einer überfüllten 4T zum Hafen gefahren. Dort war ein Teil einer wohl Holländischen oder Belgischen Gruppe (auf jeden Fall hab ich sie ja verstanden). Sie hatten sich die Chipkarten besorgt und standen wie ein Rindvieh vor der Pforte vor den 0 1 2 3 Automaten, um sie zu entwerten. Eine Erklärung war weit und breit nicht zu sehen . Da ich auch noch aus der Ära der "mittig Karte vorhalten - mit der anderen Hand Knopf drücken - bei Vollbremsung sich alle Knochen brechen" stamme, hab ich versucht, ihnen zu helfen und fand erst dann heraus, dass die Pfeile nicht mehr gelten, sondern man steckt die Chipkarte darein. Da sie krampfhaft auf die 1 gedrückt haben, hab ich sie dann auch für sie so entwertet, also Helsinki intern - Wechsel möglich (0 wäre günstiger, reine Strassenbahnfahrt).

Dann haben sie gefragt, was heisst denn sisäinen, seutu, koko alue. Ich hab versucht ihnen zu erklären, aber nach der Änderung weiss ich auch nicht mehr, wo der Unterschied zwischen 2 und 3 liegt. Besonders die Dame war ein bisschen irritiert, dass sie jetzt zuviel gezahlt haben und wollte es wieder "einchecken". Das ging natürlich nicht.

Also Lippuzeichen schön und gut, aber die Broschüre zum Klunkersystem hat man wohl nicht als Tourist (und gar Ansässiger) parat. Einfach nur
(übrigens, wieso ist es drauf noch nicht mal auf Schwedisch - ist ja keine Zweitsprache im land )