Artikel aus "Neues Deutschland" vom 30.09.2006
Nacht mit Sonne auf heißem Granit
Wer Åland erkunden will, kann ab sofort ein Reisebuch für die Region kaufen
Von Silvia Ottow
Die Reisebuch-Branche hat in Sachen Åland endlich ausgeschlafen. Mit dem umfangreichen Schärenbuch 1 haben Heiner Labonde und Jessica Kuehn-Velten im Elch-Verlag das zu Finnland gehörende, aber schwedischsprachige Inselparadies ausführlich beschrieben und mit ihrem informativen Bändchen all jenen eine gute Erkundungshilfe in die Hand gegeben, die den Insidertipps der Nordlanderfahrenen nun endlich einmal selbst folgen wollen. Auf in die Welt der 6700 Inseln!
20 Jahre lang galt die autonome Schärenregion – in der nördlichen Ostsee zwischen Finnland und Schweden gelegen – als Anhängsel in den Finnland-Reiseführern. Damit war den Naturschönheiten, Sehenswürdigkeiten und Eigenarten zwischen Mariehamn und Lappo aber keineswegs Genüge getan, und Åland-Besucher mussten sehr umständlich all die Informationen suchen, die sie für die Vorbereitung ihrer Reise benötigten. Dank der Autoren, die in dieser Gegend sehr kundig sind, kann man das Prozedere vor dem Beginn der Ålandferien nun erleichtern und als erstes entscheiden, ob man über Finnland oder Schweden fährt, fliegt oder teilweise das eigenen Gefährt nutzt, um ans Urlaubsziel zu kommen. Nimmt man nicht den einzig möglichen Flug vom finnischen Turku, sondern für den letzten Teil des Weges, der genausogut über Stockholm führen könnte, die Fähre, erlebt man eine beindruckende Schiffsfahrt durch eine einzigartige Schärenlandschaft und ist schon mittendrin im Erleben der Natur.
Vor allem Wanderer, Radfahrer, Angelfreunde und Liebhaber des Wassersports kommen auf den nördlichen, aber doch sonnenverwöhnten Inseln auf ihre Kosten. Im Juli kann der Mensch hier mit 300 Sonnenstunden im Monat rechnen und sich das Vergnügen gönnen, auf den warmen granitenen Felsen die Nacht zum Tage zu machen. Er kann der Postroute folgen, die Mittsommerbräuche kennenlernen, Seefahrtsmuseum mit Museumsschiff besuchen.
Auch Kunst und Kulinarisches kommen im schwedischen Finnland nicht zu kurz. Davon zeugen Feste, Skulpturenparks, Keramikmärkte und der einzigartige »Ålvados«, ein hochprozentiger Apfelschnaps, der hier kreiert wurde und ausgeschenkt wird, mit höchsten Prämien ausgezeichnet ist und für Kenner und Genießer den französischen Namensvetter Calvados total in den Schatten stellt. Kaufen kann man das sündhaft teure Zeug allerdings nur auf einer Fähre.
Geschichten wie diese streift der Reiseführer leider nur, aber dafür enthält er ein Fülle von gut sortierten Details wie Öffnungszeiten, Telefon-Nummern, Adressen und Preise, ohne die der Reiselustige schwerlich an den Ort des Geschehens gelangt.
Heiner Labonde, Jessica Kuehn-Velten: Finnland, Åland-Inseln, 255 S., br., 60 Abb., Stadtpläne, Karten, 16,90 EUR
Hinter einem denglisch-babylonischen Sprachgewirr kann man sich wunderbar verstecken, Wissenslücken vertuschen und Kompetenz vorgaukeln.