Die Stadt ist längst an die Meiler gewöhnt. 1979 und 1982 gingen die ersten beiden Kraftwerke in Betrieb, seither produzieren sie rund um die Uhr. "Man sieht sie nicht, man riecht sie nicht, sie machen keinen Lärm, alles ist sauber", sagt Pirjo Jaakkola, Eurajokis Tourismusbeauftragte. Sogar Bäume habe TVO gepflanzt.
Jetzt ist Olkiluoto schöner denn je. Die Herbstsonne tönt die Birkenwälder rot und gelb. Über dem hellblauen Meer liegt ein silbriger Glanz, Vögel zwitschern. Und die Reaktoren passen sich in dieses skandinavische Idyll ein. Mit ihrem kupferroten Anstrich, ihrer Verkleidung im Holzhausstil sehen sie ein bisschen aus wie die Bauernhäuser der Umgebung. Nur viel größer.
Graue Kühltürme wie in Deutschland braucht man in Olkiluoto nicht; man benutzt Meerwasser. Zur Freude der örtlichen Fischer, denn die Bucht friert im Winter später zu. Die gigantischen Hochspannungsmasten hat TVO durch den Wald gezogen, weit weg von der einzigen Zufahrtsstraße zum Kraftwerk. Und auch das rund 400 Meter breite Loch in der Erde, die gigantische Baugrube für den neuen Reaktor, ist von außerhalb des Werksgeländes kaum zu sehen.
Ärger mit den Nachbarn hatte TVO nur ein Mal: als der Konzern ein Windrad aufstellte. Das Ding verschandele die Landschaft, beklagten sich die empörten Bürger.
TVO baute das Rad trotzdem, schließlich leistet es wertvolle Dienste. Gleich am Eingang des Besucherzentrums zeigt ein Display die aktuelle Leistung aller Kraftwerke: Kernreaktor I: 852 Megawatt. Kernreaktor II: 856 Megawatt. Wind: 0,02 Megawatt. Eindrucksvoller kann man technische Überlegenheit nicht demonstrieren.
Sieg der Atomlobby
Die Atomlobby hat ganze Arbeit geleistet. 1982 waren nur 24 Prozent der Finnen für Kernkraft, zweimal lehnte das Parlament Anträge auf den Bau eines neuen Reaktors ab.
Dann startete TVO eine Kampagne sondergleichen: Bis zu 20.000 Menschen werden jährlich nach Olkiluoto gebracht, zu Betriebsausflügen, Klassenfahrten oder Informationstagen. Im Monatstakt werden Politiker, Wirtschaftschefs und Journalisten eingeladen.
Die Ingenieure gehen in die Schulen, verteilen Informationspakete. TVO produziert eine Gratiszeitung für die Region, schaltet Anzeigen in den lokalen Medien und sponsert das Eishockey-Nationalteam, den Stolz Finnlands.
Das zahlt sich aus. 2002 votierte das Parlament mit 107:92 Stimmen für den neuen Reaktor, das Endlager wurde 2001 sogar mit 159:3 beschlossen. In einer Umfrage der Zeitung "Heslingin Sanomat" plädierten 57 Prozent der Befragten für Atomkraft.
Die Klimaerwärmung, der Mangel an alternativen Energiequellen sowie die Angst vor Strom- und Gasimporten vom ungeliebten Nachbarn Russland - all diese Argumente ziehen in einem Staat, der pro Kopf doppelt so viel Elektrizität verbraucht wie Deutschland.
Die beiden dominierenden Wirtschaftszweige, die Papier- und Metallindustrie, sind Stromfresser.
Aber auch die Privathaushalte mit ihren Saunas, elektrischen Heizungen, ihren riesigen Kühlschränken.
(Anm.: und warmen Zimmern ;) )
"Energiekonsum bedeutet für die Finnen Fortschritt", sagt Esa-Aro-Heinilä. "Meine Eltern mussten früher noch mit Holz heizen. Morgens war es dann eiskalt." Diese Vergangenheit macht Atomkraftgegnern das Leben schwer. "Viele Leute in Eurajoki haben mich ausgegrenzt", berichtet Heinilä. "Sie haben mich für verrückt erklärt."