Drei Männer für Helsinki
Kopf-an-Kopf-Rennen vor Parlamentswahlen in Finnland
Von Bernd Parusel
Bei den Parlamentswahlen am Sonntag entscheidet sich, ob Finnlands Premier Matti Vanhanen im Amt bleibt. Seine Zentrumspartei führt nach einem wenig aufregenden Wahlkampf in den Umfragen vor Sozialdemokraten und Konservativen.
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Die alle vier Jahre stattfindenden Wahlen zum finnischen Parlament, dem »Eduskunta« oder »Reichstag«, sind auch dieses Mal spannend und undramatisch zugleich. Spannend deshalb, weil die drei größten Parteien des Landes in letzten Umfragen nahe beieinander liegen. Undramatisch deshalb, weil die 5,25 Millionen Finnen blocküberschreitende Koalitionen gewohnt sind und alle drei großen Parteien bereits miteinander regiert haben. In den letzten zwei Jahrzehnten haben entweder Sozialdemokraten (SDP) und Zentrumspartei koaliert, die SDP und die konservative »Nationale Sammlungspartei« oder die Sammlungspartei mit dem Zentrum. Wenn nicht eine Sensation passiert, dürfte auch nach der Wahl am Sonntag wieder eine dieser Konstellationen ans Ruder kommen. Den kleineren Parteien, Linksbündnis, Grüne und Christdemokraten, dürfte erneut nur die Oppositionsrolle bleiben.
Am wahrscheinlichsten ist den Demoskopen zufolge eine Neuauflage des bisherigen Bündnisses aus Zentrumspartei, SDP und der kleinen Partei der schwedischen Minderheit. Das Zentrum führt in den Umfragen mit 24 bis 25 Prozent. Konservative und Sozialdemokraten folgen mit jeweils zwischen 20 und 23 Prozent. Die Grünen, die versucht haben, sich mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle zu profilieren, können mit knapp neun Prozent rechnen; das Linksbündnis »Vasemmistoliitto« mit zehn Prozent.
Sollte sich die Vorhersage am Sonntag bewahrheiten, dürfte Premierminister Matti Vanhanen (Zentrum) weiter in Helsinki regieren. Vanhanen ist seit 2003 im Amt, erreichte es damals jedoch eher unverhofft. Die Zentrumspartei hatte die Wahl mit Anneli Jäätteenmäki an der Spitze gewonnen. Sie trat jedoch, kurz nachdem sie Premierministerin wurde, wieder zurück, weil sie im Wahlkampf vertrauliche Dokumente über den Irak-Krieg benutzt hatte. Vanhanen, damals Nummer zwei in der Partei, folgte ihr nach.
Der 51-jährige Politikwissenschaftler gilt als kühl und sachlich. Seine Koalition hat Finnland in den letzten vier Jahren ohne größere Reibereien regiert. Die Arbeitslosigkeit nahm währenddessen spürbar ab, die Wirtschaft erfreut sich hoher Zuwachsraten (im letzten Jahr über fünf Prozent), die Zahl ausländischer Touristen, vor allem aus dem benachbarten Russland, hat zugenommen. Vanhanen ist auch bei den Wählern anderer Parteien beliebt, obwohl diese eigene Kandidaten aufgestellt haben. Zu Enthüllungen über sein Privatleben, das turbulenter erscheint, als der ruhig auftretende Politiker vermuten lässt, hat er stets geschwiegen. 2005 hatten Boulevardblätter über die Scheidung Vanhanens von seiner Gattin und eine neue Beziehung zu einer deutlich jüngeren Frau berichtet. Inzwischen ist diese »Affäre« wieder beendet, aber kürzlich veröffentlichte die junge Dame ein Buch, in dem sie über allerlei intime Details aus dem Privatleben des Premiers plaudert.
Die Sozialdemokraten, Vanhanens Koalitionspartner, haben ihren Vorsitzenden, den früheren Gewerkschaftsfunktionär Eero Heinäluoma (51) als Gegenkandidaten nominiert. Heinäluoma fällt es jedoch schwer, an seinen Vorgänger, den auch im Ausland bekannten Expremier Paavo Lipponen, anzuknüpfen. Heinäluoma wird nachgesagt, ein »traditioneller« Sozialdemokrat zu sein, dem sozialer Ausgleich und Umverteilungspolitik wichtig seien. Damit könnte er durchaus bei vielen Finnen ankommen. Einer Umfrage zufolge sind zwei Drittel dafür, Staatseinnahmen für eine Verbesserung öffentlicher Dienste, für Soziales oder eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auszugeben, statt die Einkommens- oder Erbschaftssteuern zu senken, wie die Konservativen vorschlagen.
Der Kandidat der Sammlungspartei, der erst 35 Jahre alte Jyrki Katainen, hat seinen Wahlkampf stark an den seines schwedischen Vorbilds Fredrik Reinfeldt angepasst. Dieser wurde im letzten Oktober Ministerpräsident in Stockholm, nachdem er seiner konservativen Partei ein sozialeres Image verpasst hatte. Katainen hat jedoch das Manko, über wenig politische Erfahrung zu verfügen.
Im dem vor allem über das Fernsehen ausgetragenen Wahlkampf gab es nur wenige Kontroversen. Ein finnischer NATO-Beitritt, Dauerbrenner in der außenpolitischen Debatte des Landes, wird weiterhin von den meisten Reichstagskandidaten abgelehnt. Die Sammlungspartei, die einen Beitritt befürwortet, stellte das Thema aus Sorge, Wähler zu verprellen, nicht in den Vordergrund. Auch Pläne, die Atomkraft in Finnland weiter auszubauen, sind wenig umstritten.