Finnisches Schulsystem

Seit PISA blickt alles nach Finnland. Hat das Land ausser guten Schülern, Handys und Nokia sonst noch etwas zu bieten?

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Kathi
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#61 Re: Finnisches Schulsystem

Beitrag von Kathi »

Ja, ist woanders auch so, allerdings müssen bestimmte Sachen auf jeden Fall belegt werden, manche Fächerkombinationen sind nicht zulässig und als Abiturfächer sind auch bestimmte Fächer vorgeschrieben (je nach Bundesland).
Ich selbst bin ein absoluter Gegner vom Zentralabitur. Ich selbst habe ja mein Abi in NRW gemacht (was ja im Bundesvergleich nicht so gut sein soll) und habe dann in Bayern studiert (wo das Abi ja besonders gut sein soll). Und ganz ehrlich: Ich war besser aufs Studium vorbereitet. Das Zentralabi fördert nämlich in meinen Augen nur die sture Aufhäufung von Wissen zu Lasten der Individualität. Gruppenarbeit? Konnten viele nichts mit anfangen. Selbstständig Probleme lösen war wohl auch nicht so gefragt.
Ich fand es toll, dass unsere Lehrer noch in gewissen Rahmen selbst bestimmen konnten, was wir lernen sollten, denn so war der Unterricht viel besser, weil es ihnen auch mehr Spaß gemacht hat. Oder dass wir in den Sprachen z.B. unsere Lektüren nach kurzer Diskussion der einzelnen Werke selbst wählen durften.
Das Wissen, was man in der Schule lernt, stellt sowieso nur einen winzigen Bruchteil dessen dar, was man im Studium lernt. Ich hatte z.B. in der Oberstufe weder Physik noch Chemie (hat nicht mehr in den Plan gepasst), trotzdem habe ich erfolgreich zwei Semester Physik studiert und hatte später im Biostudium in den Chemiekursen trotzdem bessere Erfolge als Leute mit Chemie-LK.
In der Schule sollte man lernen, wie man lernt, wie man sich organisiert und wie man aus allem für sich selbst das meiste mitnehmen kann. Das hat an unserer Schule meiner Meinung nach sehr gut funktioniert. :elch:
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sunny1011
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#62 Re: Finnisches Schulsystem

Beitrag von sunny1011 »

Kathi hat geschrieben:Ich selbst bin ein absoluter Gegner vom Zentralabitur.
Der Bewegungsgrund fürs Zentralabi soll ja gerade die PISA Studie sein :heiligenschein:
Kathi hat geschrieben:Ich selbst habe ja mein Abi in NRW gemacht (was ja im Bundesvergleich nicht so gut sein soll) und habe dann in Bayern studiert (wo das Abi ja besonders gut sein soll). Und ganz ehrlich: Ich war besser aufs Studium vorbereitet.
Genau, bin auch Gegner von Abstempeln. Es liegt ja immer noch an einem selbst, wie fleissig man ist.
Kathi hat geschrieben:Das Zentralabi fördert nämlich in meinen Augen nur die sture Aufhäufung von Wissen zu Lasten der Individualität. Gruppenarbeit? Konnten viele nichts mit anfangen. Selbstständig Probleme lösen war wohl auch nicht so gefragt.
Davon gibt es viel in Finnland, im Hochschulsystem allerdings oft zu Lasten des richtigen Inhalts und des Unterrichts an sich. Auch Problemlösung.
Kathi hat geschrieben:Ich fand es toll, dass unsere Lehrer noch in gewissen Rahmen selbst bestimmen konnten, was wir lernen sollten, denn so war der Unterricht viel besser, weil es ihnen auch mehr Spaß gemacht hat. Oder dass wir in den Sprachen z.B. unsere Lektüren nach kurzer Diskussion der einzelnen Werke selbst wählen durften.
Wo genau: dt. Gymnasium, dt oder fin Studium?
Kathi hat geschrieben: In der Schule sollte man lernen, wie man lernt, wie man sich organisiert und wie man aus allem für sich selbst das meiste mitnehmen kann. Das hat an unserer Schule meiner Meinung nach sehr gut funktioniert. :elch:
:ok:
Aus Finnen von Sinnen [auf Finndeutsch]: "Finnland verhält sich zu der Erde wie das Erde zu der Universum. Weisst du, wir sind ein bisschen weit weg von die Zentrum, und wenn du vorbeifliegst an uns, denkst du, ach, da gibt es doch nur Wasser und Wolken. Deswegen steigt auch wenige aus hier. Macht aber nix, sind ja auch ganz gut allein zurechtgekommen bis jetzt (...) Allerdings lässt sich dieser O-Ton (...) hochmutiger auslegen. (...) dass ihre Heimat der einzige Ort auf Erden ist, an dem sich wahrhaft intelligentes Leben findet (...)
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#63 Re: Finnisches Schulsystem

Beitrag von Kathi »

sunny1011 hat geschrieben:
Kathi hat geschrieben:Ich fand es toll, dass unsere Lehrer noch in gewissen Rahmen selbst bestimmen konnten, was wir lernen sollten, denn so war der Unterricht viel besser, weil es ihnen auch mehr Spaß gemacht hat. Oder dass wir in den Sprachen z.B. unsere Lektüren nach kurzer Diskussion der einzelnen Werke selbst wählen durften.
Wo genau: dt. Gymnasium, dt oder fin Studium?
Das genau bezog sich auf mein deutsches Gymnasium. Im Studium konnte man anfangs recht wenig wählen, später war man freier und hat selbstständigere Arbeiten gemacht, sowohl in Bayreuth als auch in Oulu, da hab ich wenig Unterschiede gesehen.
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sunny1011
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#64 Re: Finnisches Schulsystem

Beitrag von sunny1011 »

Scheinbar in vielen anderen Ländern geht der Trend zum Zentralsystem?
Kathi hat geschrieben: Das genau bezog sich auf mein deutsches Gymnasium. Im Studium konnte man anfangs recht wenig wählen, später war man freier und hat selbstständigere Arbeiten gemacht, sowohl in Bayreuth als auch in Oulu, da hab ich wenig Unterschiede gesehen.
Das ist sicher unterschiedlich wie "praktisch" oder "spezialisiert" das Studium ist. Mein deutsches Studium basierte nur auf Auswahl:

erstens: man wählt die Sprachkombi für die man sich bewirbt - fürs erste brauchte man eine Entsprechung von 6 J. dt. Schulunterricht (also für mich war das Englisch). Da ich in D nichts ins Gymnasium ging, musste ich eine Prüfung belegen - da waren ganz wenige (unter 20 Plätze) und mehrere Hundert Bewerber - so half die Anerkennung der NC von der ZVS nicht mehr, man flog wieder raus, wenn die Prüfung nicht gut genug war. Ich hatte Glück (oder einfach ein gutes Englischunterricht und davon NUR 4 Jahre!). Für die zweite Sprache brauchte man keine Vorkenntnisse.

Dann hatte man in Englischen Pflicht für alle 3 Fachgebiete (Technik, Wirtschaft, Recht) - davon die Grundkenntisse als Kurs und jew. Übersetzung in beide Richtungen.
In der zweiten Sprache brauchte man nur 2 von den jew. Fachgebieten, jedoch auch Übersetzungen in beide Richtungen.

Dann gab es noch massiv Wahlkurse, oft sowas wie EU-Politik, technische Spezialgebiete.

Sprachwissenschafltiche Fächer waren Pflicht und eher in Vorlesungsform, aber In ALLEN Übersetzungsfächern waren es NUR Übungen, allerdings in der Tat wenig Teamarbeit im vgl. zu finnischen (nur ein mal in vier Jahren, jetzt einmal im Monat :D ). Dennoch mind. in Erwachsenenbildung/Master in Finnland finden viele die Gruppenarbeiten gerade doof, da es oft sehr schwer mit dem Beruf und Entfernungen zu vereinbaren ist und ausserdem haben die meisten genug Teamarbeiterfahrung aus dem Berufsleben, dann braucht man das nicht zwanghaft nachzumachen.

In Köln hat sich seither alles geändert und statt einem Dipl.-Titel gibt es die merkwürdigen Bachelors und Master, ob das die richtige Richtung ist? :?
Aus Finnen von Sinnen [auf Finndeutsch]: "Finnland verhält sich zu der Erde wie das Erde zu der Universum. Weisst du, wir sind ein bisschen weit weg von die Zentrum, und wenn du vorbeifliegst an uns, denkst du, ach, da gibt es doch nur Wasser und Wolken. Deswegen steigt auch wenige aus hier. Macht aber nix, sind ja auch ganz gut allein zurechtgekommen bis jetzt (...) Allerdings lässt sich dieser O-Ton (...) hochmutiger auslegen. (...) dass ihre Heimat der einzige Ort auf Erden ist, an dem sich wahrhaft intelligentes Leben findet (...)
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