Finnland in den Nachrichten

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Syysmyrsky
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#316 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Syysmyrsky »

Quelle: rp-online (RP+), Autor Wolfram Goertz


Nicht lange fackeln – Wie Finnland seine Krisen meistert

Finnland ist ja das gallische Dorf Europas. Immer läuft da etwas eigenwillig und störrisch, unsereiner bestaunt Leute, die lachend in Eiswasser steigen oder stundenlang angelnd auf zugefrorenen Seen sitzen. Unsereiner wundert sich, dass es weltweit unverhältnismäßig viele prominente finnische Dirigenten und Architekten gibt. Unsereiner ist irritiert, dass die angeblich so schweigsamen Finnen seit vielen Jahren Kommunikationsweltmeister sind. Primus des Digitalen und Homeoffice-Weltmeister waren sie immer schon. Auch die elektronische Patientenakte gibt es seit langem. Und trotz der Corona-Krise ist Finnland soeben zum vierten Mal in Folge zum glücklichsten Land weltweit gewählt worden. Wie kann das sein?

Die Finnen haben zu vertrauen gelernt. Sie kennen ihre Geschichte, die an äußeren und inneren Bedrohungen nicht arm war. Doch als Volk haben sie immer beieinander gestanden, das Phänomen der Unwirtlichkeit kennen sie nicht nur vom Wetter, sondern vor allem von den russischen Nachbarn. War nicht in Finnland die Selbstmordrate mal exorbitant hoch? Schnee von gestern. Jetzt arbeiten sie an einem Masterplan, dass es bis 2027 keine Obdachlosen mehr gibt. Und wenn die Finnen das planen, dann wird es so kommen. Zack!

Der finnische Pragmatismus zeigte sich schon immer am Tempo bei Problemlösungen. Außer in der Sauna hassen die Finnen die lange Bank. Vor einigen Tagen gab es in der Fünf-Parteien-Regierungskoalition ein Patt über den Haushalt 2022, die Regierung schien handlungsunfähig, Neuwahlen drohten. Doch dann gab es ein langes spätabendliches Telefongespräch zwischen der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Sanna Marin (35) und der Vorsitzenden der Zentrumspartei, Annika Saarikko (38), das den Ausweg aus der Pattsituation brachte. Zack!

In Finnland herrscht, was die vielen vergleichsweise jungen Frauen in führenden Positionen betrifft, ebenfalls ein Urvertrauen. Die Damen können es aber auch. Seit Jahrzehnten sind es zum Beispiel vor allem Managerinnen, die die finnischen Symphonieorchester leiten. Beobachter sagen: strategische Denkerinnen mit Charme. Das empfinden die Finnen als ideale Kombination. Sie reden ja auch nicht lange um den Brei herum, sondern machen lieber. Zack!

Die soziale Einträchtigkeit zeigt sich auch in der Corona-Krise. Die Finnen spielen sich nicht zu Virologen auf, sondern verlassen sich auf Kompetenz. Sie sagen: Wenn sich die Experten auf einen Modus geeinigt hätten, sollte man darauf bauen und das Ergebnis nicht zerreden. In der Pandemie ging das über viele Monate gut – bis die Finnen zu Jahresbeginn leichtsinnig wurden, die britische Variante unterschätzten und es zu einer dritten Welle kam, die deutlich stärker verlief als die beiden zuvor. Am 14. März kam es zum bisherigen Höchststand von 863 Neuinfektionen (bei 5,52 Millionen Einwohnern), prozentual deutlich weniger als in Deutschland, aber immerhin. Als der Wert erreicht wurde, handelte die Regierung über Nacht: Restaurants, Kneipen und Cafés wurden geschlossen. Da bei den Finnen Geselligkeit und Feierlust auf der Bedürfnisskala nicht ganz oben stehen, reagierten sie einsichtig. Seitdem sind die Inzidenzzahlen auf ein Viertel gesunken. Zack!

Hat natürlich damit zu tun, dass in Finnland Ordnungswidrigkeiten und Gesetzesbrüche immer schon schnell und nachhaltig bestraft wurden. Dieser Tage kam es in der Hauptstadt zu einer kleinen verbotenen Anti-Corona-Demonstration (in Helsinki gilt für Versammlungen derzeit eine Obergrenze von sechs Teilnehmern), und als die maskenlosen Teilnehmer auf das Megafon der Polizei renitent und übergriffig reagierten, wurden 20 Rädelsführer in Gewahrsam genommen. Zack! Ein Beobachter meinte dieser Tage, in Finnland gebe es eine hohe Übereinstimmung von Rechts- und Vollzugssicherheit. Wird ein Gebot übertreten, wird das in der Regel sofort geahndet. Kein Schmusekurs. Und wer Helsinki im Griff hat, der hat Finnland im Griff. Die finnische Polizei ist allerdings nicht unberüchtigt. Wer einmal in seinem Auto auf der Landstraße zwischen Mikkeli und Savonlinna mit minimal erhöhtem Tempo geblitzt wurde, der hat die finnische Form von Rigorosität kennengelernt. Kritiker halten die „Poliisi“ zuweilen für überstreng. Andere sagen, dies bewirke eine Disziplin bei den Menschen, unter der die Freiheit nicht leidet, Sicherheit und Volksgesundheit aber deutlich gewinnen.

Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin macht mit ihren 35 Jahren manches noch falsch, aber sehr vieles richtig; viel Respekt hat sie sich für ihren zügigen, unverkrampften, kommunikativen Regierungsstil erworben. Hat gewiss damit zu tun, dass es in Finnland keine langwierigen Konferenzen mit Landesfürsten gibt. Jetzt hat Marin einen Stufenplan zum Ausstieg mit Öffnungen vorgestellt und meisterhaft erklärt. Trotzdem bleiben die Grenzen weiterhin dicht. Geopolitisch und infektionsmedizinisch hat Finnlands Randlage (mit nur drei direkten Landesgrenzen und nur einem relevanten internationalen Flughafen) natürlich Vorteile.

Dass die Finnen uns beim Impfen voraus sind und in diesen Tagen sogar den Turbo einlegen, hat mit der genialen Erfindung einer erfahrenen finnischen Krankenschwester zu tun. Sie ertüftelte ein Prinzip, wie sich der Inhalt jeder Ampulle vollständig verimpfen lässt und keine Reste übrigbleiben, auch keine Luft in der letzten Kanüle. Die finnischen Fachleute schauten sich das zwei Tage lang an, fanden den Modus überzeugend und beschlossen: Machen wir jetzt überall im Land so. Zack! Jetzt liegt das Verfahren im neugierig gewordenen Brüssel zur EU-weiten Begutachtung. Kann dauern.

Und die Kultur derzeit? Naja. Aber in Helsinkis Konzerthaus läuft derzeit viel online, sogar Oper. Die Sibelius-Akademie, eine der besten Musikhochschulen der Welt, hilft tatkräftig. Digital können die Finnen ja dermaßen perfekt, als hätten sie es erfunden. Was zum Beispiel heißt Livestream auf Finnisch? Striimi.
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#317 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von flaskx »

Dass die Finnen uns beim Impfen voraus sind und in diesen Tagen .......
Halt Stop! Das stimmt nicht. Stand 29.4.2021 Quelle: https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/finnland/

Finnland
28,84% Impfquote (Erstimpfung) und 2,88% Impfquote (vollständig)
Deutschland
25,93% Impfquote (Erstimpfung) und 7,50% Impfquote (vollständig)

D.h. Finnland hat bei der Erstimpfung 2,91% mehr geimpft, aber bei der Zweitimpfung 4,62 % weniger.
Betrachtet man beide Zahlen liegt Deutschland vorn.
War nicht in Finnland die Selbstmordrate mal exorbitant hoch? Schnee von gestern.
Für 2016 war Finnland noch weltweit auf Platz 7.
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten ... eschlecht/

Da würden mich neuere Statistiken interessieren. Ich habe keine weltweite Übersicht für 2020 gefunden.
Und wenn Finnland innerhalb von 4 Jahren aus der Statistik heraus ist, dann denkt mal nach, wie das so schnell geht.
Z.B. Einfach einige Todesursachen neu definiert?

Ich finde den Artikel klasse. Wunderbar!
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#318 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von flaskx »

Thema Frauen an die Macht. Ist Deutschland da nicht sogar schon viel weiter und moderner? Angefangen ist das bei mir zu Hause schon 2004 und in ganz Deutschland seit 2005.
Sanna Marin (35) und der Vorsitzenden der Zentrumspartei, Annika Saarikko (38), das den Ausweg aus der Pattsituation brachte.
Angela Dorothea Merkel ist schon seit 2005 Bundeskanzlerin und die Anzahl Deutscher Managerinnen
https://www.manager-magazin.de/fotostre ... 43667.html
schlägt Finnland um Längen.

Und dann haben wir noch Ursula von der Leyen.
1. Dezember 2019 ist sie Präsidentin der Europäischen Kommission.
Im Jahr 2020 führte das Time Magazine von der Leyen in der Liste der 100 einflussreichsten Personen.
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#319 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Syysmyrsky »

flaskx hat geschrieben: 30. Apr 2021 17:36 Angela Dorothea Merkel ist schon seit 2005 Bundeskanzlerin und die Anzahl Deutscher Managerinnen
https://www.manager-magazin.de/fotostre ... 43667.html
schlägt Finnland um Längen.

Und dann haben wir noch Ursula von der Leyen.
1. Dezember 2019 ist sie Präsidentin der Europäischen Kommission.
Im Jahr 2020 führte das Time Magazine von der Leyen in der Liste der 100 einflussreichsten Personen.
Na, das sind ja ein paar beim Manager-Magazin. Geben eine Top 75 in der Überschrift vor und benennen dann nur 74 Damen in der Bilderstrecke :lol:

Mich würde mal interessieren, wie der prozentuale Anteil der Frauen in Führungspositionen größerer Unternehmen - oder halt Spitzenfrauen in der Wirtschaft, um beim Manager-Magazin zu bleiben - in FIN/D ist. Bei einer Bilderstrecke mit 74 genannten bei 80 Mio Einwohnern würden in Finnland 5 Frauen für ein Patt reichen :)

Was Ursula von der Leyen angeht: sie kann ja nichts dafür, der EU-Kommission vorzustehen, das haben Angela Dorothea Merkel und Emmanuel Jean-Michel Frédéric Macron ja scheinbar im Hinterzimmer ausgetüftelt. Ursprünglich ging es zum Zeitpunkt des Urnengangs bei der Wahl zum europäischen Parlament ja zwischen Frans Timmermanns oder Manfred Weber um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Angela Dorothea Merkel konnte Ursula von der Leyen aber so immerhin gesichtswahrend aus dem Verteidigungsministerium nach Brüssel abschieben. Jetzt darf sie EU-Gelder für externe Berater verballern :wink:
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#320 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von flaskx »

Fünf-Parteien-Regierungskoalition
Ich weiß nicht, ob das als Vorteil zählt.

Und noch ein Punkt zur Politik. Und ja, da sind uns die Finnen wirklich klar voraus.
"Die Finnen" oder der "Wahre Finnen" sind finnische Rechtspopulisten und wurden 2019 zweitstärkste Kraft im Parlament mit 17,5 Prozent.
Die Finnen spielen sich nicht zu Virologen auf, sondern verlassen sich auf Kompetenz.
Das haben die Schweden auch gemacht. Kann gut gehen, kann aber auch richtig schief gehen. Kommt halt auf die Kompetenz an. Ich würde meinen Verstand nicht bei unser Regierung abschalten und immer mitdenken. Auch Lauterbach und Co haben sich geirrt.
Die finnische Polizei ist allerdings nicht unberüchtigt. Wer einmal in seinem Auto auf der Landstraße zwischen Mikkeli und Savonlinna mit minimal erhöhtem Tempo geblitzt wurde, der hat die finnische Form von Rigorosität kennengelernt.
Ich bin die Strecke Mikkeli Savonlinna schon so oft gefahren. Ich habe nie die finnische Polizei gesehen und noch nie einen mobilen Blitzer und wer in die festen Blitzer fährt, hat nicht aufgepasst oder wollte geblitzt werden. Zumal die meisten festen Blitzerkästen leer sind und nur zur Abschreckung dienen.
prozentuale Anteil der Frauen in Führungspositionen größerer Unternehmen
prozentuale Anteil der Frauen in Führungspositionen größerer Unternehmen
Ich halte diese Denkweise für komplett falsch und als Vergleichsfaktor unzureichend. Was tatsächlich zählt ist die Achtung, die Wertschätzung und der Umgang mit dem anderen Geschlecht. Und eine geschlechtergerechte Sprache wird das nicht ändern und hat nichts bisher bewirkt, außer das man den Text nicht mehr richtig flüssig vorlesen kann.

Ich möchte hier nicht Finnland schlecht reden, aber jedes Land hat seine Vor- und Nachteile. Fakt ist, beiden Ländern geht es sehr gut und ich kann das ständige schlechtreden nicht mehr hören. Schaut euch doch mal die Inzidenzahlen Europaweit einzeln an. Zuerst Deutschland https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/deutschland/ und dann geht ein europäisches Land nach und nach durch. Vergleicht die Inzidenzkurven, die Infektionsrate in %, Letalitätsrate in % und die Impfquote in % an. Und siehe da, Deutschland steht sehr gut da.
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#321 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Sapmi »

flaskx hat geschrieben: 3. Mai 2021 19:50 Auch Lauterbach und Co haben sich geirrt.
Inwiefern? Ich finde Lauterbach bisher immer noch sehr vernünftig, aber ok, ich verfolge natürlich auch nicht haarklein alles, was er sagt.

Ich halte diese Denkweise für komplett falsch und als Vergleichsfaktor unzureichend. Was tatsächlich zählt ist die Achtung, die Wertschätzung und der Umgang mit dem anderen Geschlecht.
Genau genommen ist der Begriff "(...) Umgang mit dem anderen Geschlecht" schon problematisch, denn damit ist ja automatisch nur das Verhalten von Männern gemeint. Genau genommen geht es doch um den respektvollen Umgang aller Menschen miteinander, unabhängig vom Geschlecht (das ja von der Natur aus für alle Lebensbereiche außer Sexualität und Fortpflanzung keine nennenswerte Rolle spielt). Viele von der jeweiligen Gesellschaft aufgezwungenen Geschlechterklischees werden ja nicht nur von männlichen, sondern auch weiblichen unkritisch denkenden Menschen dumpfbackig übernommen, d.h. die Defizite in der gelebten Gleichberechtigung sind nicht die alleinige Schuld von Männern.
Und zum Thema "Wertschätzung" (der Frau durch Männer): Ich kann da an diesem "Weltfrauentag" immer wieder nur den Kopf schütteln. Ursprünglich geht es dabei ja um den Kampf um Frauenrechte (gegen Gewalt, gegen Benachteiligung von Frauen, für Gleichberechtigung, sexuelle Befreiung/Selbstbestimmung usw.). Aber ausgerechnet die Oberchauvinisten (bis hin zu übelsten Frauenhassern wie Abtreibungsgegnern) teilen doch dann oft die meisten Blumen, Herzen, Pralinen usw. einfach mal pauschal an alle Frauen aus. Na super, das soll dann die Verachtung des ganzen Jahres wettmachen. So kann es natürlich nicht funktionieren.

Und eine geschlechtergerechte Sprache wird das nicht ändern und hat nichts bisher bewirkt, außer das man den Text nicht mehr richtig flüssig vorlesen kann.
Genau so ist es. :lol: Wobei ich den Begriff "geschlechtergerecht" schon problematisch finde. Auch "geschlechtsneutral" ist eigentlich falsch, denn es gibt ja schon Begriffe, die im deutschen Sprachgebrauch für beide Geschlechter stehen, vor allem im Plural (meist generisches Maskulinum). Ich finde diese derzeit stattfindende Sprachverhunzung eigentlich eher kontraproduktiv für die Gleichberechtigung, denn wenn bei Frauen immer unbedingt das Geschlecht dabei stehen muss, erweckt es ja den Eindruck, man müsse das betonen, z. B. bei Berufen, um einen weiblichen Fachmenschen auch ganz klar von einem männlichen Fachmenschen zu unterscheiden. Aber wie schon weiter oben geschrieben, ist das Geschlecht doch für etliche Lebensbereiche, insbesondere beruflich-fachliche Kompetenz, so gut wie gar nicht relevant.
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#322 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Syysmyrsky »

Inwiefern die dargelegten statistischen Zahlen stimmen oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Da möge doch jeder seine eigene Lieblingsstatistik zu Rate ziehen :wink:

Quelle: Rheinische Post vom 07. August 2021 / Rubrik: Panorama / Autor: Jens Mattern


Das Musterland strauchelt

Finnland kämpft mit steigenden Infektionszahlen. Grund dafür sollen vor allem die zurückgekehrten Fußballfans der EM im Juni sein. Nun greifen neue Corona-Regeln – und es gibt umstrittene Impfungen bei Kindern zum Schulstart.

HELSINKI „Wir wollen einen Lockdown vermeiden“, erklärte Finnlands sozialdemokratische Ministerpräsidentin Sanna Marin bei einer Dringlichkeitssitzung in dieser Woche. Daher wurden kürzere Öffnungszeiten bei Lokalen in der Haupstadtregion Helsinki sowie einigen anderen Landesteilen beschlossen, Tanzveranstaltungen in Innenräumen wurden verboten. Die Sozialdemokraten gaben grünes Licht für den sogenannten Corona-Pass, der im Herbst eingeführt werden soll. Es ist eine App, die die Impfung, Genesung oder Testung einer Person via Smartphone anzeigt.

Mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern und einer besonders überalterten und somit gefährdeten Gesellschaft verzeichnet Finnland bislang nur 984 Corona-Tote. Die Regierung ist für ihre erfolgreichen aber auch radikalen Maßnahmen bekannt – so wurde der besonders betroffene Raum Helsinki im Frühjahr 2020 für einige Wochen komplett abgeriegelt. Doch das Gesundheitsamt THL verzeichnet einen Anstieg der Infektionszahlen von 60 Prozent im Vergleich zur vorigen Woche. Auch die Zahl 738 vom Freitag gilt als besorgniserregend hoch. Insgesamt wurden 110.720 Infektionen festgestellt. Doch Mika Salminen, Chef des finnischen Gesundheitsamtes, sah sein Land bereits Ende Juli mitten in der vierten Welle.

Als Grund für den Infektionsschub gelten die Gruppenspiele der finnischen Fußballmannschaft bei der Europameisterschaft im nahen St. Petersburg vor mehr als einem Monat. Die zurückkehrenden finnischen Fans konnten nicht alle gleichzeitig kontrolliert werden und brachten so die infektiöse, in Europa grassierende Delta-Variante mit in das Vorzeigeland. Hinzu kommt, dass sich durch die Lockerungen in der Gastronomie in diesem Sommer vornehmlich junge Leute angesteckt haben. Im trendigen Viertel Punavuori der Hauptstadt hat sich die Ansteckungsrate innerhalb eines Monats verzehnfacht.

Nun sollen auch Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren ab kommender Woche geimpft werden. Die kurzfristige Entscheidung ist auch unter Druck der Lehrergewerkschaft OAJ entstanden. Denn nach einer Umfrage der Gewerkschaft erwägt mehr als ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer im Land, aufgrund der Belastungen im Corona-Jahr den Beruf zu wechseln.

Die Initiative der Regierung für den Impf-Sprint der Schulkinder stößt bislang offiziell kaum auf Kritik. Dennoch gibt es offene Fragen. Denn bislang wurden nur Risikogruppen in Alter der Zwölf- bis 15-Jährigen geimpft. Tomi Voutilainen, Professor für Öffentliches Recht, warnte an diesem Freitag, dass weder Eltern noch die Schule die Kinder zur Impfung zwingen dürften. „Die Entscheidung kann möglicherweise durch Überredung zustande kommen, aber Zwang kann nicht angewendet werden“, so Voutilainen. Zudem müssten die Kinder nach finnischem Patientenrecht über die Umstände und Folgen der Impfung verständlich unterrichtet werden. Wie das geschehen soll, wurde bislang nicht kommuniziert.

Laut Mika Rämet, dem Direktor des finnischen Impfzentrums, sei die Kampagne der finnischen Regierung einer Impfung an Schülerinnen und Schüler entscheidend, um einen Distanzunterricht im neuen Schuljahr zu vermeiden. Denn das beginnt bereits am kommenden Mittwoch. Der Wissenschaftler geht aber noch weiter und fordert, auch Kinder unter zwölf Jahren bald zu immunisieren. Doch bis das so weit ist, sind erst einmal die älteren an der Reihe: Geimpft wird in der kommenden Woche in den Schulen und den offiziellen Impfstellen. Dabei muss eine medizinische Fachkraft entscheiden, ob das Kind selbstständig darüber entscheiden kann. Insgesamt werden rund 200.000 Kinder und Jugendliche vor dem Schulstart geimpft.

Auch wenn im Musterland Finnland ein starkes Vertrauensverhältnis zum Staat herrscht, wird die Umsetzung der Impfung nicht blind akzeptiert. Gegen das Impfvorhaben der Regierung haben sich in dieser Woche 20 Mediziner zusammengeschlossen. Skeptiker sind vor allem unter der rechten Partei „Wahre Finnen“am stärksten vertreten, aber auch ein christlicher Fernsehsender warnt vor der Impfspritze. Etwa 66 Prozent der Finnen hat bereits die erste Impfdosis bekommen, 36 Prozent die zweite.
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#323 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Sapmi »

Hm, naja, "Musterland", ich weiß ja nicht...
Syysmyrsky hat geschrieben: 8. Aug 2021 14:08 Die Regierung ist für ihre erfolgreichen aber auch radikalen Maßnahmen bekannt – so wurde der besonders betroffene Raum Helsinki im Frühjahr 2020 für einige Wochen komplett abgeriegelt.
"Radikal" waren die Maßnahmen in FIN doch bisher immer nur in Bezug auf Grenzschließungen. Dass die Zahlen im vergangenen Jahr so lange so niedrig geblieben sind, würde ich ja auf die als typisch finnisch geltende Mentalität (bezügl. Abstand halten) schieben. Zwar wurden eine Zeitlang auch innerhalb Finnlands Sachen geschlossen und vor allem Massenveranstaltungen abgesagt, aber so harte "Lockdowns" wie in D (oder F oder sonstwo) hat's hier meines Wissens überhaupt nicht gegeben. Eine Zeitlang ging das ja auch gut, aber irgendwann halt nicht mehr. Und jetzt finden auch trotz rasant steigender Zahlen diverse Festivals statt, z. B. Simerock in Rovaniemi. Ich hatte selbst auch mit dem Gedanken gespielt, mir dieses Jahr endlich mal "Ijahis Idja" in Inari live anzusehen (jetzt am Samstag), das ja wohl draußen stattfinden wird und ein paar nette Musiker auf dem Programm stehen hat, aber ich werde es wohl doch lieber bleiben lassen, trotz Impfung usw.

Zur Impfung von Jugendlichen: Das wird ja nicht nur in FIN kontrovers diskutiert. Ich würde das auch eher kritisch sehen.
Und in FIN sollten doch wohl eher mal die Erwachsenen fertig durchgeimpft werden, oder?
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#324 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Tenhola »

Die steigenden Zahlen sind wohl unbestritten, doch man müsste sie vielleicht auch mal etwas im Detail ansehen. Sicher gibt es von der EM immer noch Auswirkungen doch auch der erhöhte Reiseverkehr tut das Seinige dazu. Es ist sicher nicht optimal, wenn von 77 eingereisten Beerenpflücker 44 positiv sind.
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#325 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Sapmi »

Tenhola hat geschrieben: 9. Aug 2021 10:30 Es ist sicher nicht optimal, wenn von 77 eingereisten Beerenpflücker 44 positiv sind.
Stimmt, davon hab ich die Tage auch was gehört. Die kamen aus Thailand, wo es so hohe Zahlen gibt, oder? Das war natürlich ungünstig, aber dass es derzeit täglich um die 700 oder mehr Neuinfektionen pro Tag gibt, liegt ja trotzdem in erster Linie an der gegenseitigen Ansteckung von Leuten, die nicht in letzter Zeit irgendwo rumgereist sind. Immerhin gibt es das Virus ja schon länger auch in FIN. Besonders ungünstig war halt nur das relativ unkontrollierte Einschleppen der viel ansteckenderen Delta-Variante. Um deren weitere Verbreitung dann einzudämmen, sollte man eben vor Ort Maßnahmen ergreifen (wie überall halt).
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#326 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Tenhola »

Für mich etwas unverständlich, wieso man die Zahlen für Finnland immer so genau betrachtet.
Ich habe mal die Zahlen vom 9.8. für 3 Länder angeschaut.

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#327 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Sapmi »

Tenhola hat geschrieben: 9. Aug 2021 10:30 wenn von 77 eingereisten Beerenpflücker 44 positiv sind.
Tenhola hat geschrieben: 10. Aug 2021 07:18 Für mich etwas unverständlich, wieso man die Zahlen für Finnland immer so genau betrachtet.
Hm, ich weiß nicht, was daran unverständlich sein soll, wenn man sich über die Entwicklung der Pandemie informiert. :nixweiss:
Und dass hier im Finnland-Forum eher Zahlen oder Nachrichten usw. aus Finnland als aus Botswana o.ä. besprochen werden, ist ja auch klar. :mrgreen:
Also ich guck mir während der "home office"-Zeit (noch bis 23.8., dann ist wieder Urlaub! :D ) quasi täglich die Zahlen der für mich relevanten Länder an. Nicht dass ich bei niedrigeren Zahlen unvorsichtiger werden würde, aber ich finde, es sollte einen schon interessieren.
(aber vielleicht sollten wir dann wieder im Corona-Thread weitermachen :wink: )
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#328 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Sapmi »

Finnland schneidet mal wieder im internationalen Vergleich gut ab, diesmal mit Platz 2 auf dem "Women Peace and Security Index", bei dem es um Wohlbefinden, Chancengleichheit etc. für Frauen geht. Platz 1 hat Norwegen abgesahnt.

https://www.goodnewsfinland.com/finland ... _D0s9LtTaI

Naja, bei genauerem Hinsehen ist nicht alles Gold, was glänz (siehe häusliche Gewalt)

Was mir aber noch nicht bekannt war, ist die Relevanz der Handy-Benutzung. :wink:
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#329 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Syysmyrsky »

Ob der Artikel frisch geschrieben wurde oder schon ein paar Wochen in der Schublade lag, vermag ich nicht zu beurteilen. Von daher könnten auch statistische Zahlen inzwischen nicht mehr stimmen.

Quelle: Bonner General Anzeiger, ebenfalls abgedruckt in der Rheinischen Post am 23.12.2021, Rubrik: Panorama, Autor: Jens Mattern

Alkoholverbot für finnische Weihnachtsmänner
Das finnische Außenministerium gab kürzlich eine halbernst gemeinte Presseerklärung heraus. Der Weihnachtsmann und sein Rentier würden trotz Pandemie die Geschenke pünktlich ausliefern und die jeweiligen nationalen Einschränkungen berücksichtigen. Zudem seien sowohl der Weihnachtsmann als auch die Elfen, die ihn begleiten, vollständig geimpft. Nach Angaben des Fernsehsenders YLE benötigt der Weihnachtsmann in diesem Jahr für seine Aufgabe natürlich einen Impfnachweis. Denn wurden noch im vergangenen Dezember Weihnachtsbesuche per Video oder mit Abstand draußen im Garten oder auf dem Balkon zelebriert, so sind in diesem Jahr wieder Hausbesuche gefragt. Durchaus beruhigend: Die Quote der vollständig Geimpften liegt in dem skandinavischen Land bei mehr als 73 Prozent. In Finnland, nach eigenem Bekunden die Heimat des Mannes mit dem Rauschebart, ist der Weihnachtsmann-Auftritt ein Muss für Familien mit Kindern. Und er ist ein einträgliches Geschäft für ausgeschlafene männliche Finnen. Auch Mika Väkeväinen, der Vorsitzende des finnischen Weihnachtsmann-Verbands, erhält dieses Jahr wegen der anhaltenden Bedrohung durch Covid-19 vor allem Anfragen von interessierten Familien, ob die Mitglieder auch geimpft seien. Der Verband will einen gewissen Qualitätsstandard garantieren, was Kleidung und Auftreten der Weihnachtsmänner betrifft. "Wer schon lange in der Branche ist, kann langfristige Kundenbeziehungen aufbauen", erklärt Väkeväinen. Tatsächlich ranken sich um das Business mit der Bescherung in Finnland viele Gerüchte; offizielle Zahlen über den Verdienst der Männer in Weiß und Rot sind nicht zu finden. Grundsätzlich dauert der Auftritt eines Weihnachtsmannes etwa eine Viertelstunde, dazu gehören das Verteilen der Geschenke, das Singen von Liedern und ein wenig Smalltalk zwischen Beschenkten und Kindern oder kindlich Gebliebenen. Um möglichst viele Haushalte besuchen zu können, ist ein gut organisierter Zeitplan notwendig - und Vertrauen. Denn die Weihnachtsmänner, offiziell mit dem Rentierschlitten, tatsächlich jedoch mit dem abseits zu parkenden Auto unterwegs, dürfen keinen Alkohol konsumieren. Allerdings wird ihnen in den nach Schinken duftenden Weihnachtsstuben gern mal Schnaps angeboten. Eine Unsitte, die Väkeväinen, der seit 38 Jahren im Geschäft ist, gerne hinter sich lassen würde. Wenn seine Mitglieder gegen den Verhaltenskodex verstoßen, also doch mit den Gastgebern Alkohol trinken oder ungebührlich auftreten, verspricht er, dass das Geld für die gebuchte Dienstleistung erstattet wird.
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#330 Re: Finnland in den Nachrichten

Beitrag von Sapmi »

Syysmyrsky hat geschrieben: 23. Dez 2021 06:36 Der Weihnachtsmann und sein Rentier...
...Kleidung und Auftreten der Weihnachtsmänner betrifft. "

Wie jetzt, es gibt mehrere? Bild Bild
:lol:
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